VIRTUAL PERFORMANCES – Laboratorio para teatro virtual
(Virtual Performances – Labor für virtuelles Theater)
(2008 – 2011)

 

Das Projekt der virtuellen Performances – Virtual Performances – besteht aus einer Reihe von virtuell-theatralen Interventionen per Videokonferenz via Internet.

Es versteht sich als work in progress, offen für neue Elemente, Themen und Mitwirkende, um so flexibel auf aktuelle Ereignisse und Fragen zu reagieren. Das Projekt besteht aus einer Reihe unterschiedlicher Inszenierungen an verschiedenen über das Internet vernetzten Orten, die behandelten Themen variieren und werden mit Verfahren des dokumentarischen Theaters erarbeitet, enthalten jedoch ebenso fiktionale Elemente. Aufgrund dieser Merkmale haben wir als Untertitel „Labor für virtuelles Theater“ gewählt.

Virtual Performances ist eine Mischung verschiedener Disziplinen, es setzt sich aus Elementen des Theaters, der visuellen Kunst und der öffentlichen Intervention zusammen. Es experimentiert mit Technologie als künstlerischem Werkzeug und versucht dabei, neue Möglichkeiten der Kommunikation mittels der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zu ergründen und über deren Konsequenzen zu reflektieren. Das Projekt befindet sich an der Schnittstelle zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion, nahe am dokumentarischen Theater, und interessiert sich für eine Einbindung der Wissenschaften in die Kunst oder auch der Kunst in die Wissenschaften.

Die ursprüngliche Idee entstand in Zusammenarbeit von Meret Kiderlen (Deutschland), Carolina Defossé (Argentinien) und BiNeural-MonoKultur (Christina Ruf und Ariel Dávila / Deutschland, Argentinien). An ihrer Umsetzung sind verschiedene Künstler aus unterschiedlichen Ländern wie Deutschland, Argentinien, Brasilien, Kolumbien und Spanien beteiligt.

Seit Ende 2008 arbeiten wir zum Thema der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, wie zum Beispiel der Videokonferenz per Internet als Übertragungsmedium eines szenischen Ereignisses.

Wir fragen uns: Wie sind szenisch-performative Interaktionen über dieses Medium möglich?

 

Als Ergebnis der Treffen und des Austauschs zwischen unseren Kontinenten sowie der Recherche zu den künstlerischen Möglichkeiten dieses Mediums sind bisher folgende Stücke entstanden:
„Skype me up to the Stars!“ (2009)
homo-migrator.www (2011)
Conectados (In Verbindung) (2011)

 

Außerdem wurden folgende kleinere und experimentelle Interventionen inszeniert:
Lpz.-BsAs 15min (im Rahmen der Argentinischen Filmtage in Leipzig, 2009)
Offene Proben während des Entstehungsprozesses von homo-migrator.www zum Abschluss der Künstlerresidenz in Nau Côclea, Katalonien (Spanien) (2010) und im Rahmen der Performance-Veranstaltung Epipiderme in Lissabon (Portugal) (2010).

 

Offene Proben von homo-migrator.www:
In der neuen Version dieses dokumentarischen Theaterstücks mit fiktionalen Elementen wird es um die Migration im Allgemeinen und in Beziehung zum WordWideWeb (www) gehen:

Migration von Personen, aber auch von Daten, Gütern und Information.

Wie oft müssen wir uns bei einer Polizeikontrolle ausweisen?
Wird ein Avatar oder ein virtuelles Profil im Netz irgendwann auch einen Ausweis brauchen?
Was heißt es, im Zeitalter des Cyberspace Ausländer zu sein? Was bedeutet es, sich an einem anderen Ort zu befinden?

Diese Fragen lagen unserem Rechercheprozess der neuen Inszenierung des Projekts Virtual Performances zugrunde, die sich dann zum Stück homo-migrator.www verdichteten, das wir beim Internationalen Theaterfestival MERCOSUR in Córdoba (Argentinien, 2011) aufführten.

MITWIRKENDE – Offene Proben von homo-migrator.www in Epipiderme – encontros à volta da performance, Lissabon (Portugal), 2010:
Konzept:
Meret Kiderlen (Leipzig) und BiNeural-MonoKultur (Ariel Dávila und Christina Ruf, Argentinien/Deutschland)
Regie: BiNeural-MonoKultur
Mit: Ieltxu Ortueta Martínez (São Paulo, Brasilien) auf der virtuellen Bühne und Ariel Dávila und Christina Ruf auf der realen Bühne.

MITWIRKENDE – Offene Proben von homo-migrator.www in der Residenz Nau Côclea (Katalonien / Spanien), 2010.
Konzept und Regie:
Meret Kiderlen (Leipzig) und BiNeural-MonoKultur (Ariel Dávila und Christina Ruf, Argentinien/Deutschland)
Mit: Ieltxu Ortueta Martínez (São Paulo, Brasilien) und Meret Kiderlen (Frankfurt, Deutschland) auf der virtuellen Bühne + Ariel Dávila und Christina Ruf auf der realen Bühne.

 

„Lpz.-BsAs 15min.“:
Erstes öffentliches Experiment, aufgeführt bei den dritten Argentinischen Filmtagen in Leipzig (Deutschland). 2009.

Unser Ausgangspunkt war die Frage, ob es sich das Medium Videokonferenz als Kunstform eher dem Kino oder dem Theater zuordnen lässt. Die rezeptive Situation lässt an das Kino denken: Eine Gruppe von Zuschauern schaut auf eine Leinwand.
Auf spielerische Weise entwickelten wir einen Kurzfilm „live“: Man sieht eine Szene mit einer jungen Frau in ihrer Wohnung, die auf ihren Freund wartet. Als er kommt, haben sie einen Streit, der Freund geht wieder und sie ist wieder allein.

Wir verarbeiteten wir die Defekte, die in einem Medium wie der Videokonferenz per Internet auftauchen (Unterbrechung der Verbindung, Probleme mit dem Mikrofon und andere technische Ausfälle). Diese angenommenen (oder auch realen) technischen Probleme waren eine Art Ausrede für die Schauspielerin, ihre persönliche Sicht der Dinge darzustellen, einen Brief vorzulesen oder sich vor laufender Kamera zu schminken, bevor die „Szene“ oder „Einstellung“ wiederholt wurde.
Auf diese Weise gelang es uns, die theatrale Seite zu zeigen: alles, was zu sehen war, war „live“ und ohne Möglichkeit der Bearbeitung oder unsichtbaren Wiederholung. In den jeweiligen Wiederholungen konnte man klar die Entstehung des Stücks erkennen und die Fiktionalisierung dieser Unterbrechungen erlaubten uns zum einen den Kontakt mit dem Publikum und zum anderen die Vorführung dieses neuen künstlerischen Mediums.

MITWIRKENDE „Lpz.-BsAs 15min.“
Idee: BiNeural-MonoKultur, Carolina Defossé, Meret Kiderlen
Konzept und Entwicklung: Carolina Defossé, Meret Kiderlen
Regie: Meret Kiderlen
Schauspielerin: Carolina Defossé
Video: Ivo Aichenbaum